Sonntag, Mai 01, 2011

[Rezension] "Between Shades of Gray" von Ruta Sepetys

Inhalt

Eines Nachts wird die 15-jährige Lena gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem 10-jährigen Bruder Jonas aus ihrem Haus in Litauen gezerrt und mit vielen anderen Bewohnern ihrer Stadt in einen Viehwagen zusammengepfercht.
Vom sowjetischen Militär werden sie als Verbrecher und Abschaum behandelt, doch sie selbst kennen den Grund für ihre Verhaftung nicht. Neben der Sorge um ihr eigenes Leben quält sie auch der Gedanke an ihren Vater, dessen Aufenthaltsort unbekannt ist.
In den viel zu engen Viehwagen werden sie in Richtung Osten in die UDSSR gebracht. Nach 42 Tagen erreichen sie ein Gefangenenlager, in dem sie mit schweren Arbeiten gequält werden. Hunger, Leid und Tod stehen an der Tagesordnung. Sie müssen um jedes Stück Brot kämpfen und hoffen nicht der Willkür der Soldaten zum Opfer zu fallen. In einer kleinen Hütte kämpfen sie gegen die winterliche Kälte an, die Besitzerin der Hütte behandelt sie genauso schlecht wie die Soldaten und verlangt ihre Essensrationen als Miete.
Lena, die eine begabte Künstlerin ist, lenkt sich mit ihren Zeichnungen von dem Grauen um sie herum ab, muss die Zeichnungen aber verstecken. Falls sie gefunden werden, würde man sie hinrichten. Ihr Bruder Jonas, wird schwer krank und überlebt nur dank der Hilfe von Andrius, in den sich Lena verliebt.
Als sie nach fast einem Jahr glauben, dass es schlimmer nicht mehr kommen kann, werden sie wieder in einem Viehwagen an einen anderen Ort transportiert - die Reise geht in die Nordpolregion, den kältesten Teil Sibiriens. In einer selbst gebauten Hütte müssen sie die kalten Temperaturen überstehen, doch sie haben keine Kraft mehr, sind kurz vorm Verhungern und immer mehr Krankheiten brechen aus...

Meinung

Bei "Between Shades of Gray" handelt es sich um ein Buch, dass den Leser auch nach dem Lesen nicht so schnell loslässt. Vor allem die letzten Seiten der Handlung und die Anmerkungen der Autorin haben es in sich. Denn dadurch wird einem klar, dass das Leid der Menschen aus den baltischen Staaten bei uns kaum bekannt ist und in Vergessenheit gerät. Auch mir war nicht bewusst, wie sehr diese Menschen gelitten haben. Denn während dem 2. Weltkrieg wurden Litauen, Lettland und Estland zunächst von Stalin eingenommen. Die Menschen wurden aus ihren Häusern geworfen und in Arbeitslager gebracht, ohne jemals etwas falsches getan zu haben. Die Sowjetischen Soldaten wohnten unter dessen in ihren Häusern und zerstörten diese zum Großteil. 20 Millionen Menschen starben während Stalins Herrschaft. Bei uns weiß jeder von Hitler und seinen Verbrechen, aber was in der ehemaligen UDSSR vorgefallen ist, ist weit weniger bekannt. Schon allein deshalb bin ich wahnsinnig froh dieses Buch gelesen zu haben und ich bin der Meinung dass sich "Between Shades of Gray" sehr gut als Schullektüre anbietet, um der Allgemeinheit das Leid im Baltikum zu vermitteln.
Die Autorin Rita Sepetys, die auch einen persönlichen Bezug zu Litauen hat, erzählt das Schicksal eines Mädchens, wie es so oder so ähnlich sicher tausendfach geschehen ist. Am Anfang ist mir dabei aufgefallen, dass das Buch gar nicht so emotional ist, wie man es bei einer solch tragischen Thematik erwarten würde. Das hat mich zunächst ein klein wenig gestört, mit Fortschreiten der Handlung war ich aber ganz froh darüber, denn wenn das Buch auch noch emotional geschrieben wäre, hätte ich meine Tränen wahrscheinlich nicht mehr zurückhalten können. Das Leid, das Lena und ihre Familie, aber auch alle anderen Menschen im Arbeitslager widerfährt, ist unbeschreiblich. Im Mittelpunkt steht der tägliche Kampf ums Essen, denn die Menschen wurden von den Soldaten geradezu ausgehungert. Pro Kopf stand ihnen nur 300 Gramm Brot pro Tag zu, und das über Monate. Wie man das überlebt ist mir sowieso ein Rätsel und ich denke ohne heimlich geschmuggeltes Essen, hätten sie es wahrscheinlich auch nicht geschafft. Ganz schlimm wurde es dann in dem Lager in der Nähe des Nordpols. Dort mussten sie zunächst eigenhändig eine Hütte für den Winter bauen und dabei zusehen wie den Soldaten reichlich Essen und Brennholz geliefert wurde. Immer mehr Menschen erkrankten an Durchfall, Skorbut und außerdem waren sie alle von Läusen befallen. Täglich starb jemand und die Stimmung während der Polarnacht wurde immer depressiver. Dieses Gefühl der Hoffnungslosigkeit wurde von der Autorin wunderbar transportiert.
Bei all dem Leid hatte ich auch ständig Angst um das Leben von Lena und Jonas und habe zwischendurch an ihrem Überleben gezweifelt. Ich war richtig froh, dass das Ende dann nicht ganz so traurig und niederschmetternd war, wie zunächst befürchtet.
Lenas Gedanken an Andrius waren ihr Hoffnungsschimmer während der sibirischen Dunkelheit. Ich liebe es, wie hier mit dieser Liebesgeschichte umgegangen wurde. Ganz subtil werden die Gefühl der beiden deutlich gemacht, eine offensichtliche Liebesgeschichte wäre in Mitten dieser Tragik auch nicht realistisch gewesen.
Das Besondere an diesem Buch ist aber das Verhalten des Soldaten Kretzsky. Seine Taten verraten viel über die Menschen im Allgemeinen.
Ruta Sepetys, die hier meines Wissens nach ihren Debütroman vorlegt, ist eine sehr talentierte Autorin, denn Gefühle so rüber zu bringen, wie sie es hier geschafft hat, stelle ich mir sehr schwierig vor. Auch sprachlich lässt das Buch keine Wünsche offen. Ich hoffe, dass wir noch viel von ihr lesen dürfen. Außerdem passiert es selten, dass mich auch ein Buch noch Tage nach dem Lesen beschäftigt und ich weiß, dass das hier der Fall ist.

Fazit

Eine Geschichte, die erzählt werden musste. Meiner Meinung nach ist dieses Buch ein Muss für jeden. Neben dem geschichtlichen Hintergrund ist es vor allem eine Geschichte über Hoffnung und ein Buch über Menschen, die sich gegen das System stellen und für ihr eigenes und das Überleben anderer kämpfen .






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